Das Rote Dorf, so nennen die BewohnerInnen von Donja Lokošnica [donja lokoschniza] ihr Örtchen, und so kennt man es in ganz Serbien. Es liegt an der Südlichen Morava, in einer fruchtbaren Ebene, neben der Autobahn, die von Niš nach Leskovac und weiter nach Griechenland führt. Bekannt ist Donja Lokošnica für sein Rotes Gold – tonnenweise Paprika, die im Frühherbst in meterlangen Girlanden von den Häusern hängen. Dort trocknen die spitzen Schoten an der Luft, um später zu Paprikapulver verarbeitet zu werden.
Ein Gässchen in Donja Lokošnica, dem Roten Dorf. Foto: BioBalkan
Ganz Donja Lokošnica, rund 300 Familien, hat sich dem Anbau von Paprika der lokaltypischen Sorte Šiljka [schilka] verschrieben und ist das ganze Jahr damit beschäftigt. Rund 150.000 solcher Kränze flechten sie jedes Jahr, um daraus bis zu 200 Tonnen des beliebten Pulvers zu gewinnen. Aus der Balkan-Küche ist dieses seit Jahrhunderten nicht mehr wegzudenken. Aber wie kam die Paprika überhaupt nach Südosteuropa und woher rührt der Name?
Immer schon die Balkan-Route
Die Paprika, lateinisch Capsicum annuum, hat eine bewegte Migrationsgeschichte hinter sich – und ihr Name selbst eine verwirrende Entstehung: Schwarzer Pfeffer war längst ein begehrtes Gewürz aus dem Fernen Osten, als sich spanische Entdecker auf die Suche nach einer Westroute zum Orient begaben. Als Columbus 1492 auf Land stieß, glaubte er, Indien gefunden zu haben – und seine Begleiter hielten die unbekannten Paprika-Schoten, wohl ihrer Schärfe wegen, für Pfeffer. In der englischen Umgangssprache etablierte sich folglich der Ausdruck pepper, der bereits für schwarzen Pfeffer in Verwendung war und seinen Ursprung im altindischen Wort pippali (für Feigenbaum) hatte.
Weder Feigen noch Pfeffer: Rote und grüne Bio Paprika der Sorte Šiljka auf dem Feld. Foto: Predrag Stošić
Seefahrende Händler brachten den Spanischen Pfeffer über die iberische Halbinsel nach Brasilien, Afrika, Indonesien und Indien. Dort, in portugiesischen Kolonien, dürften osmanische Eroberer im frühen 16. Jahrhundert auf die rote Paprika gestossen sein. Auf ihren Zügen über den Balkan trugen sie diese bis nach Zentraleuropa. Aus den Worten peperi oder piperi wurde am Balkan piperki oder paparki, bis in Ungarn der Ausdruck paprika entstand.
Einmal Baskenland und retour
Um die Verwirrung perfekt zu machen, blicken wir kurz ins französische Baskenland: Am Fuß der Pyrenäen nämlich, in den Hügeln um Espelette, gedeiht Gewürzpaprika besonderer Qualität. Der Piment d’Espelette wird seit Beginn des 16. Jahrhunderts kultiviert und gilt wegen seiner Fruchtigkeit und milden Schärfe als einer der besten der Welt. Ein Merkmal ist seine schonende Trocknung, für die die reifen Schoten an Hauswände gehängt werden. Womit wir wieder am südlichen Balkan wären, denn da herrschen ganz ähnliche Bräuche.
Die berühmten Paprika und roten Fenster von Espelette. Foto: Thiollier/iStock
Paprika, in der viel Arbajt steckt
Im Bezirk Jablanica um die Kleinstadt Leskovac liegt, wie das Rote Dorf, die Gemeinde Lebane. Dort machen die Bauernfamilien nicht nur allerbesten Ajvar, sondern halten auch die Tradition der Herstellung des Pulvers aus der roten Schote hoch. Ein paar von ihnen allerdings bauen ihre Paprika seit einigen Jahren in Bio-Qualität an. Ihre autochthone Šiljka-Sorte ist besonders dünn und bis zu 40 Zentimeter lang, also ideal für die Trocknung. Sie ist aber auch recht empfindlich, sodass sie bei der Ernte schonend behandelt werden muss, weil nur völlig reife und intakte Früchte vom Strauch ins Körbchen dürfen. An der dicksten Stelle des Stiels werden sie mit einer langen Nadel durchstochen und, mal rechts, mal links, an einer Schnur aufgefädelt.
Biobauer Joca aus Popovci bastelt Girlanden aus Paprika. Foto: Kristina Zaturovska
Schließlich kommen die Kränze zum Trocknen am besten an eine südseitige Wand mit Vordach und werden mehrmals gewendet. Wenn nach drei bis vier Wochen der nötige Trocknungsgrad erreicht ist, wird Schote für Schote in Handarbeit von Stängel, Samen und dem Großteil der Trennwände befreit.
Bio Paprika, frisch zum Trocknen aufgehängt. Foto: Kristina Zaturovska
Zur kalten Jahreszeit geht es ans Mahlen: Unsere Tucana Paprika wird händisch in mehreren Arbeitsgängen in einem hölzernen Mörser, genannt čutura, zu einem eher groben, fast flockigen Pulver zerstossen. Diese ursprüngliche Methode ist besonders schonend, weil kaum Wärme entsteht und damit ätherische Öle und Nährstoffe erhalten bleiben. Sie macht jedoch auch viel Arbeit, für die vor allem im Winter Zeit ist, wenn die Felder ruhen. Danach wird das Pulver nochmals einige Tage auf Blechen nachgetrocknet und unter Vakuum in Gläser abgefüllt.
Arbeiterin Biljana macht in der hölzernen ČuturaPaprika zu Pulver. Foto: Predrag Stošić
Zweieinhalb Kilo Bio Paprika in einem Gläschen
Kaum zu glauben, aber wahr: Für ein Kilo unseres Bio Paprikapulvers Tucana Paprika sind rund 30 Kilo frischer Paprika nötig – in einem Gläschen von 80 Gramm stecken also fast zweieinhalb Kilo von dem Gemüse. Wer es einmal probiert hat, im Gulasch oder im klassischen Prebranac, wird auf seine unglaublich fruchtsüße Note und dezente Schärfe nicht mehr verzichten wollen. Achtung: Als Manufaktur-Produkt, das nicht völlig standardisierbar ist, kann unser Paprikapulver in der Schärfe von Glas zu Glas variieren.
Paprika, Gold des Balkans
Das Rote Dorf, so nennen die BewohnerInnen von Donja Lokošnica [donja lokoschniza] ihr Örtchen, und so kennt man es in ganz Serbien. Es liegt an der Südlichen Morava, in einer fruchtbaren Ebene, neben der Autobahn, die von Niš nach Leskovac und weiter nach Griechenland führt. Bekannt ist Donja Lokošnica für sein Rotes Gold – tonnenweise Paprika, die im Frühherbst in meterlangen Girlanden von den Häusern hängen. Dort trocknen die spitzen Schoten an der Luft, um später zu Paprikapulver verarbeitet zu werden.
Ganz Donja Lokošnica, rund 300 Familien, hat sich dem Anbau von Paprika der lokaltypischen Sorte Šiljka [schilka] verschrieben und ist das ganze Jahr damit beschäftigt. Rund 150.000 solcher Kränze flechten sie jedes Jahr, um daraus bis zu 200 Tonnen des beliebten Pulvers zu gewinnen. Aus der Balkan-Küche ist dieses seit Jahrhunderten nicht mehr wegzudenken. Aber wie kam die Paprika überhaupt nach Südosteuropa und woher rührt der Name?
Immer schon die Balkan-Route
Die Paprika, lateinisch Capsicum annuum, hat eine bewegte Migrationsgeschichte hinter sich – und ihr Name selbst eine verwirrende Entstehung: Schwarzer Pfeffer war längst ein begehrtes Gewürz aus dem Fernen Osten, als sich spanische Entdecker auf die Suche nach einer Westroute zum Orient begaben. Als Columbus 1492 auf Land stieß, glaubte er, Indien gefunden zu haben – und seine Begleiter hielten die unbekannten Paprika-Schoten, wohl ihrer Schärfe wegen, für Pfeffer. In der englischen Umgangssprache etablierte sich folglich der Ausdruck pepper, der bereits für schwarzen Pfeffer in Verwendung war und seinen Ursprung im altindischen Wort pippali (für Feigenbaum) hatte.
Seefahrende Händler brachten den Spanischen Pfeffer über die iberische Halbinsel nach Brasilien, Afrika, Indonesien und Indien. Dort, in portugiesischen Kolonien, dürften osmanische Eroberer im frühen 16. Jahrhundert auf die rote Paprika gestossen sein. Auf ihren Zügen über den Balkan trugen sie diese bis nach Zentraleuropa. Aus den Worten peperi oder piperi wurde am Balkan piperki oder paparki, bis in Ungarn der Ausdruck paprika entstand.
Einmal Baskenland und retour
Um die Verwirrung perfekt zu machen, blicken wir kurz ins französische Baskenland: Am Fuß der Pyrenäen nämlich, in den Hügeln um Espelette, gedeiht Gewürzpaprika besonderer Qualität. Der Piment d’Espelette wird seit Beginn des 16. Jahrhunderts kultiviert und gilt wegen seiner Fruchtigkeit und milden Schärfe als einer der besten der Welt. Ein Merkmal ist seine schonende Trocknung, für die die reifen Schoten an Hauswände gehängt werden. Womit wir wieder am südlichen Balkan wären, denn da herrschen ganz ähnliche Bräuche.
Paprika, in der viel Arbajt steckt
Im Bezirk Jablanica um die Kleinstadt Leskovac liegt, wie das Rote Dorf, die Gemeinde Lebane. Dort machen die Bauernfamilien nicht nur allerbesten Ajvar, sondern halten auch die Tradition der Herstellung des Pulvers aus der roten Schote hoch. Ein paar von ihnen allerdings bauen ihre Paprika seit einigen Jahren in Bio-Qualität an. Ihre autochthone Šiljka-Sorte ist besonders dünn und bis zu 40 Zentimeter lang, also ideal für die Trocknung. Sie ist aber auch recht empfindlich, sodass sie bei der Ernte schonend behandelt werden muss, weil nur völlig reife und intakte Früchte vom Strauch ins Körbchen dürfen. An der dicksten Stelle des Stiels werden sie mit einer langen Nadel durchstochen und, mal rechts, mal links, an einer Schnur aufgefädelt.
Schließlich kommen die Kränze zum Trocknen am besten an eine südseitige Wand mit Vordach und werden mehrmals gewendet. Wenn nach drei bis vier Wochen der nötige Trocknungsgrad erreicht ist, wird Schote für Schote in Handarbeit von Stängel, Samen und dem Großteil der Trennwände befreit.
Zur kalten Jahreszeit geht es ans Mahlen: Unsere Tucana Paprika wird händisch in mehreren Arbeitsgängen in einem hölzernen Mörser, genannt čutura, zu einem eher groben, fast flockigen Pulver zerstossen. Diese ursprüngliche Methode ist besonders schonend, weil kaum Wärme entsteht und damit ätherische Öle und Nährstoffe erhalten bleiben. Sie macht jedoch auch viel Arbeit, für die vor allem im Winter Zeit ist, wenn die Felder ruhen. Danach wird das Pulver nochmals einige Tage auf Blechen nachgetrocknet und unter Vakuum in Gläser abgefüllt.
Zweieinhalb Kilo Bio Paprika in einem Gläschen
Kaum zu glauben, aber wahr: Für ein Kilo unseres Bio Paprikapulvers Tucana Paprika sind rund 30 Kilo frischer Paprika nötig – in einem Gläschen von 80 Gramm stecken also fast zweieinhalb Kilo von dem Gemüse. Wer es einmal probiert hat, im Gulasch oder im klassischen Prebranac, wird auf seine unglaublich fruchtsüße Note und dezente Schärfe nicht mehr verzichten wollen. Achtung: Als Manufaktur-Produkt, das nicht völlig standardisierbar ist, kann unser Paprikapulver in der Schärfe von Glas zu Glas variieren.